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Betrieb von Gasanlagen

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Betrieb von Gasanlagen und technischen Gasen

Betrieb von Gasanlagen und technischen Gasen

Der sichere und wirtschaftliche Betrieb von Gasanlagen erfordert ein eng verzahntes Zusammenspiel von Technik, Recht, Organisation und Wirtschaftlichkeit. Umfangreiche Regelwerke (BetrSichV, DGRL, GefStoffV, TRBS, AD 2000, EN-Normen) geben den Rahmen vor, der durch eine konsequente Dokumentation, regelmäßige Prüfungen sowie gut geschultes Personal umgesetzt werden muss.

Zukünftig werden Themen wie Wasserstoff als Energieträger, Digitalisierung in der Prozesssteuerung und ein noch stärkerer Fokus auf Nachhaltigkeit die Anforderungen an die Betreiber von industriellen Gasanlagen weiter prägen. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Herausforderungen setzt eine kontinuierliche Weiterbildung, ein aktives Risikomanagement und den Willen zur technischen Innovation voraus.

Voranschreitende Digitalisierung (Industrie 4.0) ermöglicht vorausschauende Wartung, intelligente Sensorik und eine dynamische Anlagensteuerung.

Prozessoptimierung durch gezielte Gasversorgung

Abgrenzung

Industrielle und technische Gase spielen in nahezu allen Bereichen der industriellen Produktion und Forschung eine entscheidende Rolle. Sie können brennbar (z. B. Wasserstoff, Acetylen, Propan), oxidierend (z. B. Sauerstoff), inert (z. B. Stickstoff, Argon, Helium) oder toxisch (z. B. Chlor, Kohlenmonoxid) sein. Für Planung und Betrieb der zugehörigen Anlagen ist ein profundes Verständnis der physischen, chemischen und sicherheitstechnischen Eigenschaften dieser Gase unabdingbar.

Je nach Verwendungszweck und Betriebsweise werden unterschiedliche Anlagenkonzepte realisiert, beispielsweise:

  • Leitungssysteme innerhalb einer Produktionsstätte (Rohrleitungssysteme für Druckgase)

  • Zentrale Tankanlagen für verflüssigte Gase (z. B. Kryotanks für tiefkalte Flüssiggase wie Flüssigsauerstoff oder Flüssigstickstoff)

  • Flaschenbatterien bzw. Flaschenpakete, insbesondere in Werkstätten und Laboren (z. B. Acetylen, Argon für Schweißprozesse)

  • Spezielle Prozessanlagen (z. B. Hochdruckreaktoren, Gaswaschanlagen)

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

  • Regelt die Rahmenbedingungen für die Energieversorgung, insbesondere beim Transport, der Verteilung und dem Handel von Gasen.

  • Für industrielle Gase nur bedingt relevant, sofern diese nicht ins öffentliche Netz eingespeist oder daraus entnommen werden.

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

  • Kernregelung für den sicheren Betrieb von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen.

  • Industrielle Gasanlagen gelten oftmals als überwachungsbedürftige Anlagen (insbesondere bei hohem Druck, Explosionsgefahr etc.).

  • Vorgeschrieben sind Gefährdungsbeurteilungen, regelmäßige Prüfungen sowie das Festlegen von Schutzmaßnahmen.

Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS)

  • Präzisieren die BetrSichV mit Anleitungen zu Inbetriebnahme, Prüfungen, Dokumentation, Explosionsschutz (z. B. TRBS 2152) und Qualifikationsanforderungen an „befähigte Personen“.

Druckgeräterichtlinie (DGRL, 2014/68/EU) und national umgesetzt in der Druckgeräteverordnung

  • Gilt für die Auslegung, Herstellung und Konformitätsbewertung von Druckgeräten (Behälter, Rohrleitungen, Sicherheitsventile etc.).

  • Relevante Auslegungsnormen (z. B. AD 2000-Regelwerk) müssen beachtet werden, wenn Behälter oder Leitungen bestimmte Druck-Grenzwerte überschreiten.

Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (GefStoffV)

  • Legt Anforderungen im Umgang mit gefährlichen Stoffen fest, darunter brennbare, giftige oder brandfördernde Gase.

  • Besondere Gefahrstoffkennzeichnung und Betriebsanweisungen sind obligatorisch.

Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

  • Bspw. TRGS 510 (Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern) regelt die Lagerung von Gasflaschen.

  • TRGS 725 (Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre) kann bei brennbaren Gasen relevant sein.

DGUV-Vorschriften und -Regeln

  • In Deutschland relevante Unfallverhütungsvorschriften, z. B. DGUV Regel 113-001 „Explosionsschutz-Regeln“ oder DGUV Vorschrift 79 „Verwendung von Flüssiggas“.

Normen und technische Regelwerke - DVGW-Regelwerk

  • Ursprünglich auf Erdgas und Trinkwasser fokussiert (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches).

  • Teile davon können für industrielle Gasanwendungen als Orientierung dienen, z. B. DVGW G 600 (Technische Regel Gas-Installation – TRGI).

AD 2000-Regelwerk

  • Nationales Regelwerk zur Auslegung und Prüfung von Druckgeräten in Deutschland.

  • Im Zuge der DGRL anwendbar bei überwachungsbedürftigen Druckbehältern.

DIN EN 746 (Industrie-Thermoprozessanlagen)

  • Behandelt sicherheitstechnische Anforderungen an Thermoprozessanlagen, u. a. Brennertechnologien, Gaszuleitungen und Steuerungssysteme.

EN- und ISO-Normen

  • EN ISO 14161: Leitlinien für die Sterilisation mit Ethylenoxid (spezielles Beispiel).

  • EN 1089: Farbkennzeichnung von Gasflaschen, relevant für technische Gase.

  • ISO 5145: Ventilanschlüsse für Gasflaschen je nach Gasart.

Spezifische Hersteller- und Branchenstandards

  • Viele Unternehmen haben interne Werksnormen, die die allgemein gültigen Normen ergänzen und betriebsspezifische Anforderungen definieren.

Verantwortlichkeiten und Haftungsfragen

  • Betreiberverantwortung: Der Betreiber trägt die Gesamtverantwortung für Sicherheit, Rechtskonformität und Wirtschaftlichkeit.

  • Gefährdungsbeurteilung: Muss vor Inbetriebnahme, aber auch regelmäßig während des Betriebs durchgeführt und dokumentiert werden.

  • Haftung bei Verstößen: Mangelnde Erfüllung der BetrSichV oder anderer Vorschriften kann zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Dokumentation und Genehmigungsverfahren

  • Genehmigungen: Unter Umständen sind Genehmigungsverfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erforderlich (z. B. bei größeren Mengen gefährlicher Stoffe).

  • Anzeigepflichten: Änderungen an Anlagen (z. B. Umbau, Erweiterung) sind den zuständigen Behörden oder Prüforganisationen rechtzeitig anzuzeigen.

  • Prüfbescheinigungen: Für Druckgeräte müssen Konformitätsbescheinigungen, Prüfzeugnisse und ZÜS-Abnahmen (Zugelassene Überwachungsstelle) vorliegen.

Anlagenauslegung und -errichtung - Prozessanalyse und Gasauswahl

  • Charakteristika des Gases (Brennwert, Toxizität, Zündtemperatur, Flammpunkt, Sauerstoffbedarf etc.) bestimmen Auslegung und Schutzkonzept.

  • Gasreinheit und Versorgungsdruck sind für viele industrielle Anwendungen (z. B. Elektronikindustrie, Lebensmitteltechnik) essenziell.

Rohrleitungs- und Behälterkonstruktion

  • Werkstoffauswahl (z. B. Edelstahl, Kupfer, spezielle Legierungen) ist an Korrosionsbeständigkeit, Temperatur- und Druckbedingungen anzupassen.

  • Zu berücksichtigen sind Temperaturbereiche (Tiefkalt bei Flüssiggasen, Hochtemperatur in Thermoprozessen) und Druckstufen (Niederdruck vs. Hochdruck bis zu mehreren hundert bar).

Sicherheitsventile und Armaturen

  • Druckregelventile, Berstscheiben und Notabschaltsysteme müssen für den jeweiligen Gasdruck und Volumenstrom ausgelegt sein.

  • Bei brennbaren Gasen (z. B. Acetylen) sind Rückschlagventile (Flammenrückschlagsicherungen) zwingend vorgeschrieben.

Spezielle Anforderungen bei Kryoanlagen

  • Bei tiefkalten Temperaturen (z. B. flüssiger Stickstoff bei −196 °C) sind Isolierungen und spezielle Dichtungssysteme erforderlich.

  • Sicherheitskonzepte gegen Kondensations- und Erfrierungsgefahr (besonders an Armaturen) müssen etabliert sein.

Sicherheitstechnik und Explosionsschutz - Zonendefinition nach ATEX

  • Klassifizierung explosionsgefährdeter Bereiche in Zone 0, 1 oder 2 (bzw. Gasgruppen IIA, IIB, IIC) basierend auf Häufigkeit und Dauer des Auftretens explosiver Atmosphäre.

  • Auswahl geeigneter Betriebsmittel (z. B. EX-geschützte elektrische Geräte).

Gaswarnanlagen und Detektoren

  • Stationäre Gaswarnsysteme (z. B. mit Sensoren für brennbare Gase oder Sauerstoffmangel) sind essentiell in Räumen mit potenziell gefährlichen Leckagen.

  • Wartung und Kalibrierung der Sensorik gemäß Herstellerangaben und einschlägigen Normen (z. B. DIN EN 45544 für toxische Gase).

Lüftungskonzepte und Notabschaltsysteme

  • Ausreichende Belüftung reduziert die Bildung explosionsfähiger Gemische.

  • Not-Aus-Einrichtungen sind klar zu kennzeichnen und müssen jederzeit zugänglich sein.

Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

  • Bei toxischen oder stark unterkühlten Gasen (Kryogene) sind spezielle PSA (z. B. Handschuhe, Gesichtsschutz, isolierte Schürzen) verpflichtend.

Wartung, Instandhaltung und Prüfungen - Regelwerke für Prüfungen

  • BetrSichV und TRBS definieren den Umfang und die Intervalle (z. B. Wiederholungsprüfungen, äußere und innere Prüfung, Druckprüfung).

  • Zusätzliche Anforderungen je nach Gasart, z. B. für Acetylenflaschen besondere Überprüfung (poröses Material).

Instandhaltungsstrategien

  • Zustandsorientierte Wartung (Condition Monitoring): Kontinuierliche Überwachung (z. B. Druck, Temperatur, Dichtheitsmessung), um Wartungsbedarfe früh zu erkennen.

  • Intervallbasierte Wartung: Festgelegte Prüf- und Austauschrhythmen, basierend auf Normvorgaben und Erfahrungswerten.

Dokumentation

  • Jedes Prüf- und Wartungsergebnis wird schriftlich festgehalten.

  • Prüfbücher oder elektronische Datenbanken (z. B. CMMS-Systeme) ermöglichen Rückverfolgbarkeit und Planung von Wartungsintervallen.

Typische Störfälle und Notfallmanagement

  • Leckage: Erhöhte Explosionsgefahr bei brennbaren oder gesundheitliche Gefährdung bei toxischen Gasen. Notfallpläne zur Evakuierung, Abschaltung und Entlüftung müssen vorhanden sein.

  • Behälterbruch: Plötzlicher Druckabfall bei Druckbehältern kann zu erheblichen Gefahren führen. Sicherheitsventile und regelmäßige Inspektionen wirken präventiv.

  • Ventil- oder Armaturversagen: Potenziell hohe Austrittsmengen bei größeren Leitungssystemen; Redundanz und Schnellschlussventile sind zu berücksichtigen.

Energieeffizienz und Betriebskosten - Optimierung von Gasverbräuchen

  • Prozessintegrierte Ansätze (z. B. Rückgewinnung von Prozessgasen, Nutzung von Abgaswärme) können Betriebskosten senken.

  • Dynamisches Druckmanagement (Anpassung des Versorgungsdrucks an den tatsächlichen Bedarf).

Kosten-Nutzen-Analysen

  • Gegenüberstellung von Investitionen in moderne Technologien (z. B. neue Brenner, effizientere Kryopumpen) und möglichen Einsparungen.

  • Systematische Erfassung aller Lebenszykluskosten (Beschaffung, Installation, Wartung, Entsorgung).

Lebenszyklusbetrachtung

  • Planungsphase: Frühzeitige Einbeziehung von Wartungsanforderungen, Standortfaktoren und Erweiterungsoptionen.

  • Betriebsphase: Kontinuierliches Monitoring der Anlagenperformance (Verfügbarkeit, Ausfallhäufigkeiten, Energieeffizienz).

  • Modernisierung vs. Ersatz: Wirtschaftlichkeitsprüfung, ob eine umfassende Instandsetzung vorhandener Anlagen sinnvoller ist als der Austausch durch Neuinstallationen.

Investitionsstrategien und Fördermöglichkeiten

  • Förderprogramme: Je nach Technologiebereich (z. B. im Rahmen der Energieforschung, Wasserstoffstrategie) können öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen werden.

  • Contracting-Modelle: Externe Dienstleister übernehmen Planung, Finanzierung und Betrieb von Versorgungsanlagen (z. B. zentrale Stickstofferzeugung), während der Betreiber eine Nutzungsgebühr zahlt.

Risikomanagement und Versicherungen

  • Versicherungsaspekte: Betriebshaftpflicht und Sachversicherungen (Maschinenbruchversicherungen) bieten Schutz bei Beschädigung oder Haftungsfällen.

  • Risikobewertung: Regelmäßige Auditierung der Anlage, um Versicherungskonditionen zu verbessern und Prämien zu reduzieren.

Personal und Qualifikation - Fachpersonal

  • Anlagenverantwortliche und Betriebsleiter benötigen fundierte Kenntnisse in Verfahrenstechnik, Chemie und Sicherheitsvorschriften.

  • Spezialisierte Fachkräfte für Schweiß-, Löt- oder Klebverbindungen an Druckanlagen.

Befähigte Personen

  • Nach BetrSichV müssen Prüfungen an Druckbehältern, Rohrleitungen oder Sicherheitsventilen durch befähigte Personen durchgeführt werden.

  • Voraussetzung ist eine entsprechende Ausbildung, Berufserfahrung und regelmäßige Fortbildung.

Schulungen

  • Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen (inkl. PSA, Notfallkonzepte) sind mindestens einmal jährlich durchzuführen und zu dokumentieren.

  • Spezifische Schulungen zum Umgang mit toxischen oder kryogenen Gasen.

Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen (inkl. PSA, Notfallkonzepte) sind mindestens einmal jährlich durchzuführen und zu dokumentieren.

  • Betriebsanweisungen und SOPs (Standard Operation Procedures): Detailregelungen zu jeder Anlage, z. B. Start-Stopp-Prozeduren, Mustervorgaben bei Störungen.

  • Wartungs- und Prüftermine: Müssen in einem systematischen Wartungsplan erfasst und kontinuierlich überwacht werden (z. B. Einsatz von Computerized Maintenance Management Systemen – CMMS).

  • Sicherheitstechnische Verantwortlichkeiten: Klar abgegrenzte Zuständigkeiten für Explosionsschutz, Brandschutz und Gefahrgutmanagement (sofern erforderlich).

Qualitäts- und Sicherheitsmanagement

  • Integrierte Managementsysteme: Kombination von ISO 9001 (Qualität), ISO 14001 (Umwelt) und ISO 45001 (Arbeitsschutz) kann Effizienz steigern und Rechtssicherheit erhöhen.

  • Audits und Revisionen: Periodische interne und externe Audits (z. B. durch Berufsgenossenschaften, Zertifizierungsgesellschaften) sichern kontinuierliche Verbesserung.

Behörden und Prüfstellen

  • Gewerbeaufsicht, Umwelt- und Arbeitsschutzbehörden: Führen stichprobenhafte oder anlassbezogene Kontrollen durch.

  • Zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS): Prüfen Druckgeräte, Rohrleitungen, Lageranlagen etc. auf Konformität und Betriebssicherheit (z. B. TÜV, DEKRA).

Externe Dienstleister und Lieferanten

  • Wartungs- und Servicepartner: Können Teilaufgaben (z. B. Kalibrierung von Messgeräten, Instandsetzung von Armaturen) übernehmen.

  • Gasversorger: Stellen die Lieferqualität (Reinheit, Druck, Liefermengen) sicher; vertragliche Regelungen beinhalten häufig Service-Level-Agreements (SLAs) und Notfallversorgung.

  • Engineering-Firmen: Planen und realisieren Anlagen(teil)projekte, übernehmen Genehmigungsverfahren, erstellen As-Built-Dokumentationen.

Lieferketten und Transport

  • Transport und Logistik: Bei extern bezogenen Gasen ist das Gefahrgutrecht (ADR/RID) zu beachten, insbesondere bei Flaschen- und Tanktransport.

  • Externe Lagerhaltung: Teilweise verlegen Unternehmen die Lagerung großer Gasvorräte zu spezialisierten Dienstleistern (z. B. Hub für Kryogase).

Interne Kommunikation

  • Schnittstellen zwischen Fachabteilungen: Sicherheit, Instandhaltung, Produktion, Einkauf und Umweltmanagement müssen eng kooperieren.

  • Notfallplanung: Schnelle Informationsflüsse bei Störungen oder Havarien sind essenziell (Alarm- und Meldeketten, Bereitschaftsdienste).